patienten-story

Mein Leben mit Myasthenia gravis

Carola ist 60 Jahre alt und leidet an Myasthenia gravis. Vor ihrer Berentung war sie als Sozialpädagogin in einer heilpädagogischen Einrichtung tätig. Carola ist Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und lebt in Lörrach.

Wer könnte besser beschreiben, was es bedeutet, mit Myasthenia gravis zu leben, als Betroffene selbst? Wir haben Carola gebeten, uns ihre Geschichte zu erzählen

„Ich musste erst zwei Stunden auf der Couch ruhen, bevor ich in der Lage war, zu essen.“

Eines von Carolas ersten Krankheitssymptomen war Fatigue. Diese schwere Form der Erschöpfung war mit ihrer beruflichen Tätigkeit als Sozialpädagogin in einer heilpädagogischen Einrichtung nur schwer vereinbar. Carola besuchte deshalb mehrere Ärzte, ernstgenommen wurde sie jedoch vorerst nicht. Irgendwann kamen dann Sehstörungen hinzu – vor allem am Abend hatte sie Schwierigkeiten, scharf zu sehen. Auch essen wurde zunehmend zum Problem: Bevor Carola abends eine Mahlzeit einnahm, musste sie sich zwei Stunden lang auf der Couch ausruhen. Ihrer Erkrankung auf die Spur kamen erst Ärzte während eines Krankenhausaufenthaltes wegen einer Borreliose-Erkrankung – Jahre nach Auftreten der ersten Symptome. Carolas Atem- und Schluckbeschwerden veranlassten sie, das Blut der Patientin auf Antikörper zu testen und schließlich die Diagnose zu stellen: Myasthenia gravis.

„Die Diagnose war für mich eine Erlösung“

Mit dem Begriff „Myasthenia gravis“ war Carola zunächst allein. Die Ärztin hatte die Bezeichnung ihrer Erkrankung auf ein Sudoku-Heft gekritzelt und sich direkt ins Wochenende verabschiedet. Carola nutzte die Zeit im Krankenzimmer, im Internet mehr über ihre Erkrankung herauszufinden – und gemeinsam mit ihrer Zimmerkollegin zu weinen. Nach einer Achterbahn der Gefühle empfand die damals 54-Jährige die Diagnose schließlich als Erlösung. Endlich hatten all ihre Beschwerden einen Namen. 

Nach ersten erfolglosen Therapieversuchen ließ Carola sich verrenten und suchte eine neue Wohnung: Die Treppe in ihrer Maisonette war zum unüberwindbaren Hindernis geworden. Neben ihrer Myasthenia gravis leidet sie heute an rheumatoider Arthritis und einer Schilddrüsenfunktionsstörung. Dieses Potpourri macht es Carola und ihren Ärzten manchmal schwer, die Symptome der richtigen Erkrankungen zuzuordnen und richtig zu behandeln.

„Es ist das unangenehmste Gefühl, das ich je erlebt habe“

Im Sommer 2022 infizierte sich Carola mit COVID-19 und schreckte eines Tages aus dem Schlaf hoch:  Sie merkte, ihre Muskeln waren zu schwach, um zu atmen. Es war das erste Anzeichen einer myasthenen Krise. Carola verbrachte in der Folge zehn Tage auf der Intensivstation, fast vollständig bewegungsunfähig und auf künstliche Beatmung angewiesen. 

„Durch die Selbsthilfegruppe habe ich zu einem fröhlichen Leben zurückgefunden“

Carola hat für sich heute das richtige Maß an Aktivität und Erholung gefunden. Sie weiß, wann sie leistungsfähig ist und wann ihr Körper Ruhe braucht. Anderen Betroffenen rät sie, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. Sie selbst hat dort wertvolle Tipps und Tricks von anderen Erkrankten erhalten und die Möglichkeit, ihre Krankheit z. B. bei Ärztevorträgen noch besser kennenzulernen. Denn Carola ist überzeugt: Nur wer versteht, wie die Krankheit funktioniert, kann Strategien entwickeln, um selbst wieder zu funktionieren.