Die ersten Krankheitssymptome traten bei Horst erstmals im Alter von 56 Jahren auf. Während einer Autofahrt fielen ihm plötzlich die Augenlider zu, sodass er anhalten und eine Pause einlegen musste. Die Symptomatik dieses beunruhigenden Vorfalls wiederholte sich einige Zeit später, hinzu kamen Doppelbilder, Sprach- und Essstörungen. Ein besonders einschneidendes Erlebnis war ein plötzlich auftretender Atemstillstand, der Horst sehr beängstigte. Zu dieser Zeit führte er eine Gesundheitspraxis und wurde von einer Kundin, die als Neurochirurgin tätig war, auf seine Sprachstörungen angesprochen. Diese zufällige Begegnung führte dazu, dass er beschloss, die Symptome ärztlich abklären zu lassen. Im Krankenhaus wurde schließlich nach mehreren gezielten Untersuchungen die Diagnose Myasthenia Gravis gestellt. Heute spricht Horst von einem großen Glück, gerade dieser Fachärztin begegnet zu sein, die die richtigen Schritte frühzeitig eingeleitet hat.
Die Tatsache, dass es sich um eine unheilbare Erkrankung handelt, war für ihn trotz der Aufklärung der Ärzte ein Schock und er fühlte sich am Boden zerstört.
Trotz der Medikamente blieb die Myasthenia Gravis für Horst deutlich spürbar. Immer wieder traten Symptome auf und brachten ihn in Situationen, die ihn verunsicherten. Bei einem Restaurantbesuch mit Freunden konnte er sich zum Beispiel nicht mehr verständlich ausdrücken. Seine Sprachstörungen wurden von seinen Freunden damit abgetan, er habe zu tief ins Glas geschaut. Ernst genommen wurde er zu diesem Zeitpunkt nicht. Im weiteren Verlauf äußerte sich seine Erkrankung dadurch, dass er Speisen nicht mehr schlucken konnte: Eine Erfahrung, die ihn auch emotional stark forderte.
Die wiederholt auftretenden Symptome waren für Horst anfangs eine große Herausforderung. Einen für sich passenden Umgang mit der Erkrankung hatte er noch nicht gefunden. Zunächst verließ er sich vor allem auf die Medikamente und hoffte, dass es mit der Zeit besser werden würde. Auch wenn seine Ärzte eher zurückhaltende Einschätzungen gaben, blieb er zuversichtlich.
In seinem Alltag musste er aufgrund der Diagnose einiges umstrukturieren, seine beruflichen Seminare stellte er ein, auch im Sport musste er einiges aufgeben, was ihm sehr schwer viel. Die ständige Unsicherheit und die körperlichen Einschränkungen waren auch seelisch eine große Belastung.
Mit der Zeit lernte Horst, besser auf seinen Körper und seine Bedürfnisse zu achten, Pausen zu machen, wenn es nötig war, und offener über seine Gefühle zu sprechen.
Mit eine der bis heute größten Herausforderungen für Horst sind die myasthenen Krisen, in denen es zu Atemproblemen und Atemstillstand kommen kann. Für sein Umfeld und insbesondere für seine Frau waren und sind dies Situationen der absoluten Hilflosigkeit. Eine Situation, die Horst besonders im Gedächtnis blieb, ereignete sich in seinem Urlaub auf Kreta. Nach abendlicher Übelkeit ging er ins Bett und erwachte zwei Tage später in der Uniklinik in Kreta, wo er anderthalb Wochen bleiben musste. Alle Erinnerungen an die Beatmung und die Zeit in der Klinik sind bis heute aus seinem Gedächtnis gelöscht.
Trotz des Rückschlags auf Kreta lässt sich Horst seine Reiselust nicht nehmen. Dank guter Planung und Recherche bezüglich der medizinischen Versorgung im Zielland erkundete er gemeinsam mit seiner Frau zuletzt Dubai und besuchte Familie auf Zypern. Seine nächste Reise führt ihn an die Ostsee.
Mit der Zeit verbesserte sich auch das Verständnis in seinem Umfeld und Horst kann mittlerweile auf dessen Unterstützung zählen, was ihm sehr hilft. Zusammen mit seiner Partnerin hat er sich viele Informationen über die Erkrankung angeeignet und bereits einige Veranstaltungen zum Thema besucht.
Heute, 15 Jahre nach der Diagnose, blickt er zuversichtlich in die Zukunft und setzt seine Hoffnung in die fortschreitende Forschung. Seine Neugier auf Neues und der Austausch in Selbsthilfegruppen treiben ihn an.
DE-NON-2500009 V1 Mär2025